Heute hat sich England also entschieden die EU zu verlassen. Ich fand die Abstimmung im Vorfeld schon extrem interessant und habe mich ein wenig darauf gefreut. Wie auf einen Film bei dem man das Ende nicht absehen kann. Wirklich überrascht hat mich nun aber nicht das Ergebnis (für mich war beides wahrscheinlich) sondern die Reaktion die nun durchs Internet geht…
Ich finde es ein bisschen seltsam wie sich nun alle daran stören, dass England die EU verlässt. Noch seltsamer finde ich dann die Vergleiche zu Deutschland und der AfD. Denn England hat einen ganz anderen historischen Hintergrund zur EU. Sie sind nicht ausgetreten weil da plötzlich irgendein Ruck nach Rechts durch die Gesellschaft gegangen ist. Naja zumindest hätte dieser dann aber nur wenig mit dem Brexit zu tun. Aber fangen wir anders an.
Am 19. September 1946 hat Winston Churchill in der Schweiz eine Rede gehalten. Ich glaube diese ist nicht sonderlich bekannt und auch nicht groß in die Geschichte eingegangen. Trotzdem ist es eine sehr wichtige Rede. Zusammengefasst sagt er dort, dass Europa nach dem zweiten Weltkrieg in Trümmern liegt und das sich die Völker Europas einigen müssen damit sowas nie wieder passiert. Er beschreibt die vereinigten Staaten von Amerika als Vorbild und möchte diese Vision auch für Europa. Er ist der Meinung, dass nur so ein dauerhafter Frieden in Europa möglich ist. Im Grunde beschreibt er hier schon viele viele Jahre vor der Gründung der EU eben diese. Das zeigt auch, dass er seiner Zeit weit voraus war.
Er sagt aber noch eine sehr wichtige Sache. Er sagt, dass England von diesem Europa ausgeschlossen ist. Er sieht England als eigenständig und unabhängig vom Rest Europas. Bitte gründet mal eine EU für Frieden aber bitte ohne uns.
Ich finde diese Rede zeigt sehr gut wie sich England sieht. Wie sie zu Europa stehen. Auch wenn diese Rede schon so alt ist so hat sie doch bis heute irgendwie Bestand. England war zwar ein Teil der EU aber im Grunde auch wieder nicht. Wenn wir ehrlich sind haben sie sich bis zum Schluss nicht wirklich als Teil von Europa gesehen. Gerade die Dinge welche die EU einen sollten, wie der Euro, haben die Britten abgelehnt. Man könnte sogar sagen, dass die Britten sich oft nur die Sahnestücke genommen haben. Sie wollten die Vorteile ohne die Nachteile zu tragen. Aber sie wollten auch vor allem immer ihren Sonderstatus behalten und eben nicht wie alle anderen sein.
Eben aus diesen Gründen finde ich es nicht verwunderlich, dass es nun einen Brexit gab. Ich finde es in gewisser Hinsicht sogar sehr gut. Denn wären die Britten in der EU geblieben so hätten sie auch weiterhin ihren Sonderstatus beansprucht und das wäre falsch gewesen. Die EU sollte aus Staaten bestehen die geeint sind und gleich sind trotz all ihrer historischen und kulturellen Unterschiede. Genau hier war England immer ein fieser Fleck auf dem Bild.
Auf der anderen Seite führt das natürlich auch zu Problemen. Weniger für die EU würde ich vermuten aber nun sehr stark für die Britten. Sie haben gerade einem ganzen Kontinent gesagt, dass er doof ist und seinen Scheiß alleine machen kann. Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Das wird eine harte Zeit. Aber wie gesagt ich kann die Entscheidung der Britten durchaus verstehen. Es ist eine emotionale Entscheidung. Eine Sache von Stolz auf das eigene Land und die Unabhängigkeit. Dabei spiele aber keine rechte Strömung eine Rolle.
Daher ist auch der Vergleich mit Deutschland oder Frankreich nicht angebracht. Die Länder in Zentraleuropa sind die Stützen der EU. Wir haben sie zu dem gemacht was sie heute ist und wir sind auf eine ganz andere Art mit ihr verbunden. Die EU ist unser Ding und wir sind Europäer. Dieses ganze Konstrukt EU ist unser Baby. Wir haben es geschaffen und wir sind es die diesen Traum von einem geeinten Europa vollenden müssen und hoffentlich auch werden!
Also lasst die Britten ziehen. Sollen sie versuchen ihren eigenen Weg zu finden. Vielleicht kommen sie in ein paar Jahren zurück und sehen ein, dass auch England seinen Platz in Europa hat. Vielleicht werden sie sich aber auch Amerika annähern und dort ihre neue Heimat finden. Die Zeit wird es zeigen…