Wer mich kennt wird sicher wissen, was ich die letzten Monate so getrieben habe und dass da irgendwie ein Mädchen eine Rolle gespielt hat. Rolle gespielt hat. Das ist Plusquamperfekt. Also die vollendete Vergangenheit. Noch besser wäre „spielte eine Rolle“. Damit hätten wie das Präteritum, also absolut abgeschlossen. Abgeschlossener geht es gar nicht. Wie dem auch sei, darauf will ich gar nicht hinaus. Viel ehr soll es mir heute um Wahrheit gehen, denn die Wahrheit ist schuld daran, dass ich oben im Präteritum spreche. Nun wäre es aber langweilig wenn ich mich hier über Ehrlichkeit und so nen Kram auskotze. Das will keiner lesen. Wobei… das was ich stattdessen schreibe will vielleicht auch keiner lesen. Aber ich finde es interessanter und darum schreibe ich darüber.
Es soll mir eigentlich mehr um den Begriff Wahrheit gehen. Dabei stammt das Meiste aber nicht wirklich von mir sondern ist von anderen klugen Köpfen geklaut. Besonders der Alterantivlos! Podcast hat mir da doch einige Anregungen gegeben und hatte das Thema mal als Randnotiz. Aber egal.
Nach einer These des Alternativlos-Podcasts gibt es bei der Wahrheit vier verschiedene Seiten. Meine Sicht, seine Sicht, die Wahrheit und was wirklich passiert ist. Diese vier Punkte muss man sich eigentlich schon mal durch den Kopf gehen lassen. Ich versuch das mal an einem einfachen Beispiel zu erläutern. Angenommen wir haben einen Autounfall in einer 30er Zone. Ich stehe auf dem Bürgersteig und beobachte das Ereignis. Neben mir steht eine andere Person und sieht genau das selbe. An der Stelle haben wir schon 2 Wahrheiten. Meine Wahrheit und die Wahrheit der anderen Person. Denn obwohl wir beide zur selben Zeit am selben Ort waren und das selbe beobachten konnten, werden sich unsere Eindrücke doch leicht bis schwer unterscheiden. Ihr kennt sowas sicher selbst wenn ihr nach sowas mit jemandem redet und dann verschiedener Meinung seid, wer nun Schuld hatte. Keine der beiden Wahrheiten ist wirklich falsch aber trotzdem fasst keine davon zusammen was wirklich passiert ist. Damit haben wir auch die dritte Seite der Wahrheit eingeführt.
Nun stellt sich aber eine Frage. Wir kennen jetzt 3 Seiten der Wahrheit. Damit wäre doch schon alles beschrieben. Wir haben sogar das was wirklich passiert ist. Also muss das doch die Wahrheit sein oder?
Leider macht das die Wahrheit aber gar nicht. Die Wahrheit ist im Grunde nur das was die meisten Menschen für die Wahrheit halten. Wenn also die Nachrichten über den Unfall berichten, dann wird das zur Wahrheit. Dabei ist der Reporter in seiner Wahrheit aber genauso subjektiv wie du und ich auch. Vielleicht sogar noch wesentlich subjektiver weil er eine Geschichte um das Ereignis strickt und damit, das was vielleicht wirklich passiert ist, verzerrt. Trotzdem glauben wir an die Artikel in der Zeitung steht bzw. das was wir als Wahrheit ansehen wollen. Diese Erscheinung nennt man „major coherent narrativ„. Das zu übersetzen ist jetzt etwas kompliziert, darum versuche ich es zu umschreiben. Es geht halt um das was die Allgemeinheit als Wahrheit ansieht bzw. was von unserer Gesellschaft als wahr empfunden wird. Sozusagen die Wikipedia/Tageschau Realität von der wir annehmen, dass sie stimmt.
Aber wir haben ja schon geklärt, dass das nicht unbedingt mit dem übereinstimmen muss was wirklich passiert ist. Besonders in der Geschichtsschreibung finden wir ständig neue Informationen die den „major coherent narrativ“ verändern und verschieben. Damit sei jetzt aber auch gesagt, dass Dinge die für mich wahr sind und der Wahrheit entsprechen nicht auch gleichzeitig wahr sind bzw. eurer Wahrheit entsprechen. Das hängt auch immer wieder damit zusammen zu welchen Informationen ich Zugang habe, wie ich diese interpretiere und in welchen Kontext ich diese dann stelle. So kann sich für mich ein Bild ergeben von dem ich vollkommen überzeugt bin und das für mir der Wahrheit entspricht. Wenn andere Menschen diese Eindrücke dann auch haben und sich zusammen mit mir die selbe Wahrheit bilden haben wir sogar einen kleinen „major coherent narrativ„. (wichtig!)
Sowas lässt sich auch bei verschiedenen anderen Sachen beobachten. Verschwörungstheorien sind da so eine Sache. Wenn die Leute zum Beispiel total davon überzeugt sind, dass die Mondlandung eine Fälschung ist, dann haben sie ihren eigenen Narrativ. Also ihr eigenes kleines Weltbild. Das kann näher an der Wahrheit sein als der „major coherent narrativ“ muss es aber nicht. Für die Menschen die daran glauben ist dieser neue Narrativ aber durchaus real. Wir können also festhalten, dass die Wahrheit auch von Glauben und eigenen Weltbild abhängig ist.
Ein schönes Beispiel für so einen alternativen Narrativ sind die Nazis. Die haben sich ihre komplett eigene Welt aufgebaut die nur noch bedingt etwas mit dem „major coherent narrativ“ zu tun hat. Für die ist ihr Brainfuck aber durchaus die Realität und die Wahrheit. Jeder andere Mensch hat bei dem Blödsinn hingegen in kurzer Zeit sein Bullshit-Bingo voll.
Sooo… und was will ich jetzt eigentlich sagen? Keine Ahnung. Aber Wahrheit ist unter den Gesichtspunkten eigentlich zu nichts zu gebrauchen… Das hat aber auch schon Aristoteles gewusst. Kant hat sich auch schwer mit dem Begriff getan und meinte, dass Wahrheit immer mit dem eigenen Erkenntnisstand und Denken in Verbindung steht und verfälscht wird. Aber immerhin war er auch der Meinung, dass die Kohärenz der Masse diesen Umstand doch schon entgegen wirkt. Also das was ich oben als Wikipedia/Tagesschau-Realität beschrieben habe… Hilft mir trotzdem alles nicht weiter :/