Ich habe mich jetzt schon mit ein paar Leuten über das Kampfsystem von Wildstar unterhalten und darüber, dass ich es recht langweilig finde bzw. mir die Klassen zu wenig Tiefe entwickeln. Hin und wieder kommt dann als Gegenargument, dass das ja alles sehr subjektiv ist und man in Rift und Co ja auch nicht mehr macht als in Wildstar. Das will ich jetzt mal ein wenig genauer betrachten und möglichst objektiv untersuchen. Dazu nehme ich einen Endgame Krieger aus Wildstar und meinen aktuellen Paragorn aus Rift.
Wildstar – Krieger
Der Krieger nutzt in Wildstar wie jede andere Klasse auch ein Skillset aus 8 Fähigkeiten. Dabei ist der DPS Krieger recht stark in seiner Skillung beschränkt wenn er das Optimum für sich und die Gruppe erreichen will. Das macht ihn aber auch zu einem guten Beispiel da jeder Krieger in etwa die selbe Skillung hat was zu weniger Diskussion führen wird.
Welche Skills haben wir:
Erbarmungslose Schläge – Standard Spamfähigkeit
Randale – Wutverbraucher mit Cooldown
Beben – DPS Skill mit Cooldown, gehört nicht ganz in die Standardskillung
Niederschmettern – Debuff der Widerstände, Cooldown
Durchbrechende Schläge – Reaktiver Skill der nach einem Krit genutzt werden kann, Cooldown
Das sind die 5 Angriffsfähigkeiten die ein Krieger ins Feld führt. Dazu kommen jetzt noch drei weitere Fähigkeiten die man situativ nutzt. Theoretisch würde man Beben auch noch durch einen weiteren Skill ersetzen der den Feind unterbricht. Ich mag Beben aber daher würde ich versuchen das anders zu optimieren.
Sprung – Ein Sprung. Um an den Gegner zu kommen oder um aus AoE zu entkommen.
Tritt – Unterbricht den Gegner und wirft ihn zu Boden
Kraftverbindung – DPS Buff für die Gruppe
Overdrive – Cooldown mit dem man kurz mehr Schaden macht. Eine Minute Cooldown.
Damit hätten wir jetzt 9 Knöpfe bzw. Skills. Einer davon findet 1x pro Minute Anwendung, 2 2 davon (Sprung / Tritt) sind situativ. Die meiste Zeit nutzt man also 6 davon. Diese 6 ergeben auch keine wirkliche Rotation sondern bauen auf einem Zufallsprinzip auf welches hin und wieder die Cooldowns von Randale und Beben zurück setzt. Im Grunde drückt man die Tasten die gerade Leuchten.
Rift- Paragorn
Ich vergleiche den Wildstar Krieger jetzt mit der Skillung des Paragorn. Der standard DPS Skillung des Rift Kriegers wie ich ihn spiele. Es gibt diverse Leute die den Paragorn noch stärker mit Makros vereinfachen was… möglich ist. Da die meisten Krieger die ich so treffe aber auch hinter ihren Möglichkeiten spielen orientieren wir uns lieber an meinem. Kommen wir zu den normalen Angriffsmöglichkeiten:
Aufbau-Makro – 2 Skills
Folgeangriff-Makro – 2 Skills
Schnittersernte – Abschlussangriff
Öffnung des Stroms – Debuff Makro (2 Skills)
Wandernde Klingen – Cooldown-Makro (3 Skills)
Kampffokus – Cooldown
Schlaghagel – situativer Schadens-Skill
Damit hätten wir 7 Skills Tasten die bis auf Kampffokus (nur in jedem 2. Block) in einen normalen 15 Sekunden Block bzw. Rhythmus untergebracht werden. Das klingt nach nicht viel mehr als in Wildstar. Aber allein die Tatsache, dass sich hinter jeder Taste 2-3 Skills verbergen erweitert die Komplexität schon enorm da wesentlich mehr Mechaniken zum Tragen kommen. Dazu kommt, dass der Paragorn immer 3 Combopunkte aufbaut die er dann in einem Finisher entläd. Daher hat der komplette Ablauf mehr Struktur. Man sollte auch darauf achten, dass Debuffs auf dem Gegner sind bevor man bestimmte Skills benutzt was den 15 Sekunden Ablauf ein wenig verschieben kann. Dann muss man Cooldownzeiten und Skilltiming neu überdenken. Etwas was der Wildstar-Krieger nicht kennt. Letzteres ist keine große Sache und schnell erlernt aber dennoch ein erhöhtes Komplexitätslevel.
Den größten Unterschied machen aber die Supportskills. In Wildstar muss ich in meine 8 Slots irgendwie Support rein schieben. Support ist hier immer ein notwendiges Übel da es mir andere Optionen verbaut. Der Paragorn hat dieses Problem aber nicht. Er ist nicht auf 8 Skills beschränkt und kann daher auf viel mehr Spielzeug zurückgreifen.
Störender Schlag – Unterbricht
Durchfädeln – Charge zum Feind
Nach dem Horizont greifen – Erhöht Reichweite von Schlägen kurzzeitig
Schwungvolle Klingen – Lässt Angriffe Flächenschaden verursachen
Flott zu Fuß – kurzzeitig schneller laufen
Eilfertigkeit – 1 Min Burst-Cooldown
Vorhersehbare Bewegung – Stun
Handgelenk Hieb – Entwaffnen
Willensschild – Absorbschild
Was den Paragorn also in Grunde am meisten unterscheidet ist, dass er viel viel mehr Werkzeug zur Verfügung hat. Viele dieser Skills sind situativ und besonders die letzten 3 doch ehr im PvP oder solo PvE zu verwenden aber allein die Möglichkeit jeder Zeit darauf Zugriff zu haben lässt das Gefühl aufkommen, der Paragorn wäre wesentlich komplexer. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel „Nach dem Horizont Greifen“ auch durchaus ein bisschen Fingerspitzengefühl benötigt und Eilfertigkeit 1x pro Minute einen 15 Sekunden Block einnimmt, dann besitzt der Paragorn sogar weit mehr Tiefe im standard Gameplay.
Rift besitzt auch Komponenten die ich Wildstar vorerst noch nicht absprechen möchte aber aktuell noch nicht sehe. So muss ich meine eigenen Cooldowns und Burstfähigkeiten mit Gruppenbuffs timen was zu einer gewissen Gruppenabsprache führt. In Wildstar hingegen haben fast alle DPS Cooldowns eine Up-Time von 50% bei einer Wirkzeit von 10 Sekunden. Da die meisten Skills ebenfalls in diese 10 Sekunden fallen kann man diese auch nicht wirklich zusammen timen bzw. sind sie auch zu 50% im Cooldown-Fenster egal was ich mache. Da DPS Cooldowns aber auch nur auf 5 Personen wirken ist es in einem 40er Raid fraglich ob ich überhaupt in den Genuss kommen werde und ob es sich lohnt damit zu planen. Eventuell wirft man die Cooldowns auch einfach in die Menge und irgendwer macht dann halt mal mehr Schaden *yay*
Fazit
Ich denke Wildstar krankt für mich daran, dass man mit den 8 Skills keine vernünftigen Sachen bauen kann. Jeder Skill muss mit jeden funktionieren was dazu führt, dass es nur wenig Synergie zwischen den Fähigkeiten gibt. Dazu kommt, dass die Begrenzung auf genau 8 Skills zu hart ist um Platz für interessante aber situative Skills zu lassen.
Außerdem ist die Wut Mechanik nur oberflächlich vorhanden. Da man mit Randale nur eine Fähigkeit hat die Wut benötigt ist das ganze nur selten ein Thema. Man hat keine Skills die intensiv Wut verbrauchen und dafür einen gewissen Burst erzeugen. Entweder Randale ist bereit oder es ist nicht bereit. Nach 5 Sekunden Kampf hatte ich zumindest nie wieder Probleme mit Wut. Vielleicht führen Bosskämpfe mit längeren Phasen in denen man nicht Angreifen kann zu Wut-Problemen aber selbst dann sollte nach wenigen Sekunden wieder genug Wut zur Verfügung stehen. Hier will ich aber nicht ausschließen, dass es im Endgame zu mehr Wut-Handling kommt.
Natürlich sollte man auch so fair sein und sagen, dass Wildstar manuelles Zielen voraussetzt. In der Praxis stehen Nahkämpfer aber seit ca. 15 Jahren MMO Geschichte immer am Gegner was auch für Wildstar keinen großen Unterschied bedeutet.
Außerdem sollte jetzt keiner sagen, dass Wildstar ja auch viel viel mehr mit Ausweichen arbeitet. Denn in einem aktuell Rift Raid darf man auch recht viel ausweichen. Genauso sind die 5er Instanzen spätestens seit Storm Legion bei jedem Boss mit Taktik verbunden. Klar erschlagen die Bosse in Wildstar die Spieler im ersten Moment mit Flächen und Angriffen aber nach dem zweiten Mal kennt man vieles und zumindest ich fand es nicht mehr soooo beeindruckend. Besonders weil viele Flächen auch einfach nur Show sind.
Ich denke Rift hat einfach das feinere, präzisere und komplexere Gameplay welches ist bevorzuge. Hier kann ich meinen Charakter mit Kleinigkeiten optimieren und wenn ich in meiner 15 Sekunden Rotation noch 1-2 Skills in jedem zweiten Block verschieben würde… was ich sagen will, ich kann allein durch den Willen und durch das Auseinandersetzen mit meiner Klasse besser sein als andere. In Wildstar ist der einzige Indikator für Skill mein Movement. Und das reicht mir nicht…
Persönliche Bemerkung
Ich möchte WIldstar nicht schlecht reden. Wildstar hat viele tolle Features. Aber ich suche auch gerade nach dem Grund warum es mir persönlich nur bedingt Spaß macht. Ein Grund den ich auch noch ausgemacht habe ist die fehlende Soziale-Komponente da ich aktuell allein spiele und damit vielleicht auch ein wenig der Faszination MMO verloren geht. Aktuell konnte mich aber noch keine Gilde überzeugen da fast nur Multi-Gaming-Gilden auf unserem Server existieren.